INTERVIEW:
Stefany Seipp von Green Pearls
Vor geraumer Zeit hatte ich den Wunsch, hier auch ernstere Themen zu behandeln. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, eine Interview-Serie ins Leben zu rufen, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf Reisen beschäftigt. Mir ist dabei wichtig, viele unterschiedliche Bereiche abzudecken und Menschen mit verschiedenen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen.
Außerdem soll es nicht darum gehen, mit dem erhobenen Zeigefinger zu belehren. Das würde ich mir gar nicht anmaßen, immerhin reise ich selbst nach wie vor viel und das bei weitem nicht immer nachhaltig. Das bedeutet auch, dass ich öfter fliege als die meisten Menschen und somit einen schlechteren ökologischen Fußabdruck habe als viele andere – obwohl ich im Alltag auf viele Dinge achte, die diesen Fußabdruck verbessern.
Aus diesem Grund wollte ich sehen, was sich unterwegs machen lässt. Ich wollte auf die Suche nach Tipps gehen, die wir alle auf Reisen befolgen können und eine Artikel-Serie ins Leben rufen, die uns die Lust auf das Reisen nicht nimmt, sondern uns zeigt, was kleine Veränderungen in diesem Bereich schon bewirken können.
In den letzten Wochen habe ich mit verschiedenen Menschen gesprochen und werde auch weiterhin mit Leuten aus der Branche sprechen, denn diese Interview-Serie ist vorerst auf unbestimmte Zeit geplant. Wenn du also Anregungen oder Wünsche für bestimmte Themen oder Gesprächspartner hast, kontaktiere mich gerne 🙂
Interview mit Stefany Seipp von Green Pearls
Im dritten Interview der Serie habe ich mit Stefany Seipp, Gründerin und Geschäftsführerin von Green Pearls, gesprochen. Green Pearls ist eine Kommunikations- und Informationsplattform für nachhaltige Unterkünfte, Restaurants und Projekte.
Unter Berücksichtigung vieler Kriterien und Anforderungen wählt das Team von Green Pearls Partner aus, stellt sie auf ihrer Seite vor und übernimmt die Kommunikationsarbeit der Destinationen und Projekte. Darüber hinaus betreibt das Green Pearls-Team einen Blog mit vielen Artikeln rund um das Thema Nachhaltigkeit.
Im Interview sprach ich mit Stefany Seipp über nachhaltige Hotels, wie man sie erkennt und über das „Greenwashing“-Problem.
Stefany, was macht Green Pearls aus?
Wir sind zum einen ein Informationsportal für alle, die sich für nachhaltiges Reisen interessieren und für die Menschen, die bei einer Recherche zufällig auf uns stoßen und sich dann zum Thema Nachhaltigkeit auf Reisen informieren.
Zum anderen sind wir aber auch eine Kommunikationsagentur. Wir bespielen Kommunikationskanäle weltweit, binden unsere Kunden in unsere wöchentlichen Newsletter zum Thema nachhaltiges Reisen ein und betreiben unseren eigenen Blog. Dort veröffentlichen wir verschiedene Artikel und zeigen auch persönliche Einblicke und Erfahrungen von uns und unseren Kunden. Außerdem sind wir auf verschiedenen Social Media-Kanälen aktiv, vor allem auf Pinterest.
Wie kam es, dass du eine Plattform für nachhaltige Reisen gegründet hast?
Ich bin seit fast 30 Jahren im Tourismus tätig und habe immer wieder gesehen, dass es zum Thema Nachhaltigkeit in dieser Branche viele Fragezeichen und Informationsbedarf gibt. Dort wollte ich ansetzen…
Mit Green Pearls hast du dann aber nicht nur ein Informationsportal gegründet, sondern auch eine Plattform geschaffen, auf der verschiedene nachhaltige Unterkünfte, Restaurants und Projekte vertreten sind. Welche Kriterien müssen eure Partner erfüllen?
Wir haben unsere Kriterien, die an die Global Sustainable Tourism Criteria angelehnt sind, transparent auf unserer Webseite veröffentlicht. Die Anforderungen an unsere Partner umfassen Architektur, Wasser-, Energie- und Umweltmanagement sowie Soziales und Nahrungsmittel. Es ist ein uns ein großes Anliegen, die Geschichte und Philosophie der Hotels transparent zu machen und klar zu zeigen, was im Bereich der Nachhaltigkeit getan wird und was nicht. Wenn man sich fünf oder sechs Hotels auf unserer Seite ansieht, wird man merken, dass jedes Hotel seinen eigenen Schwerpunkt hat und das Thema Nachhaltigkeit sehr individuell umgesetzt wird. Ob eine Unterkunft beispielsweise eine Solaranlage hat, hängt von verschiedenen Gegebenheiten ab. Im Endeffekt geht es uns darum, die verschiedenen nachhaltigen Aspekte transparent zu machen. Es gibt heute zahlreiche Zertifizierungen weltweit und die Kunden kennen sich in diesem Bereich meistens nicht aus – umso wichtiger ist hier Transparenz…
Du sprichst es schon an: Oft ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, ob und wo ein Hotel wirklich nachhaltig wirtschaftet, denn der Begriff „eco“ ist nicht geschützt. Auf der anderen Seite kommunizieren viele Unterkünfte nicht, dass sie vieles richtig machen. Ich weiß also oft gar nicht, was ich buche…
Das ist eben genau das große Problem. Leider sind auf diesen Zug mittlerweile viele aufgesprungen und manche Unterkünfte bieten online etwas an, was sie nicht wirklich halten. Wenn ich „nachhaltige Hotels“ oder „grüne Hotels“ googele, finde ich viele Seiten, auf denen Greenwashing betrieben wird. Viele der dort angebotenen Hotels machen also nicht wirklich etwas nachhaltiges. Da stellen sich Kunden berechtigt die Frage, ob man solchen Bezeichnungen trauen kann. Deshalb müssen nachhaltige Kriterien transparenter werden. Wenn ich eine grüne Unterkunft buche, will ich mich auch darauf verlassen können. Momentan ist der Begriff „eco“ im Gegensatz zum deutschen „bio“ nicht geschützt und auch das englische „organic“ darf jeder verwenden. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Hotels, die vieles tun und es gar nicht kommunizieren. Wenn der Gast dann vor Ort ist, sieht er vielleicht das Bio-Frühstück aber vieles anderes bleibt ihm verborgen.
Hast du denn das Gefühl, dass das Bewusstsein für nachhaltiges Reisen steigt?
Ja, definitiv! Ich beschäftige mich seit 2009 mit der Thematik Nachhaltigkeit im Tourismus. Es gibt sehr viele Hotels weltweit, die das Thema mittlerweile umsetzen und generell hat sich einiges getan. Wenn man beispielsweise die ITB als Gradmesser nimmt: 2009 war nachhaltiger Tourismus dort kaum relevant und heute gibt es nur noch wenige Stände, die das Thema nicht irgendwie aufgreifen. Das liegt sicher auch daran, dass sich immer mehr Kunden wünschen, dass ihre Reisen umweltbewusster und die Arbeitsbedingungen vor Ort fair sind. Diesen Wünschen kommt der Markt natürlich nach. Als wir 2009 mit Green Pearls anfingen, waren wir quasi Pioniere. Heute ist das Thema im Tourismus sehr relevant und es tut sich auf beiden Seiten viel: Die Gäste haben ein stärkeres Bewusstsein und die Hoteliers kommen dem nach, insbesondere wenn es um den Bau neuer Hotels geht…
Definitiv eine gute Entwicklung! Wie findet ihr denn umweltfreundliche Unterkünfte und wie überprüft ihr, ob die Hotels auch wirklich nachhaltig wirtschaften?
Oft bekommen wir vorab Empfehlungen von Partnern oder Bloggern, mit denen wir arbeiten. Wenn ein Hotel positiv auffällt, uns vorgeschlagen wird und Interesse an einer Zusammenarbeit hat, muss es den oben erwähnten Kriterienkatalog ausfüllen. Damit wir sichergehen können, dass die Hotels auch wirklich nachhaltig arbeiten, besuchen wir jede neue Unterkunft innerhalb des ersten halben Jahres. Dabei achten wir aber natürlich darauf, dass wir nicht für ein Hotel nach Afrika fliegen, sondern mehrere Häuser bündeln können…
Ist es denn schon vorgekommen, dass ihr ein Hotel wieder von der Plattform entfernen musstet?
Ja, das ist schon ein paar mal vorgekommen. Oft passiert das, wenn Hotels verkauft werden oder das Management wechselt. Natürlich sind wir nicht 365 Tage vor Ort aber wir kennen alle Hoteliers persönlich und achten sehr darauf, dass unsere Kriterien eingehalten werden. Dennoch kann es manchmal passieren, dass die Anforderungen nicht erfüllt werden. Wenn wir dann beispielsweise von Gästen das Feedback bekommen, dass ein Hotel nicht mehr nachhaltig arbeitet, überprüfen wir das. Bestätigt sich der Verdacht, trennen wir uns natürlich vom entsprechenden Hotel.
Worauf kann ich als Gast im Hotel achten, um zu erkennen, ob nachhaltig gewirtschaftet wird? Was sind „typische“ Merkmale?
Das fängt schon beim Frühstück an: Gibt es Plastik und Einwegverpackungen? Sind die Zutaten regional und bio – auch wenn bio nicht immer nachhaltig sein muss. Aber es gibt auch andere Hinweise: Sind die Pflegeprodukte im Bad in Plastik verpackt? Einweg oder nachfüllbar? Werden Handtücher und Bettwäsche täglich gewechselt? Das sollte in einem nachhaltigen Hotel natürlich nicht der Fall sein. Im Grunde sind das viele Dinge, die man von zuhause kennt. Darüber hinaus kann man natürlich auch immer nachfragen, was genau im Bereich der Nachhaltigkeit gemacht wird.
Das mit den Handtüchern ärgert mich jedes Mal. Ich lasse sie immer hängen und habe abends trotzdem neue…
In dem Fall sollte man auf jeden Fall an der Rezeption Bescheid sagen. Das ist nämlich eine der Kleinigkeiten, an denen man sieht, wie ernst es ein Hotel meint.
Das sind jetzt viele Aspekte, die Hotels betreffen. Nach einigen Jahren im Bereich nachhaltiges Reisen: Worauf kann ich deiner Erfahrung nach außerhalb der Unterkunft achten, um mich auf Reisen möglichst nachhaltig zu verhalten?
Natürlich kann man auf Transportmittel achten und überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Wenn ich beispielsweise in ein Land fliegen muss, kann ich vom Flughafen in die Stadt dann wenigstens den Bus oder die Bahn nehmen. Darüber hinaus kann man kleine Behälter für Getränke, Essen und Kaffee mitnehmen. Auch im Bereich Soziales gibt es vieles: Man sollte darauf achten, dass das Geld auch wirklich bei den Menschen ankommt. Bei kleinen einheimischen Anbietern kommt man meist mit Locals in Verbindung und unterstützt so nicht nur die Einheimischen, sondern macht oft auch einzigartige Erfahrungen…
Info:
Das Titelbild zu diesem Interview wurde von Green Pearls zur Verfügung gestellt. Es zeigt das Inkaterra Reserva Amazónica in Peru.
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